Ein kleiner Bericht von einem großen Ereignis

Von 25. Oktober 20082008, Aktionen, Startseite

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Das Bild im Hintergrund der Einladung lässt schon einiges erwarten. Eine Nebelbank. Darin einige Bäume, ein Gebüsch. Alles nur schemenhaft zu erkennen. Es wirkt geheimnisvoll. Dann ist im Text die Rede von Schmugglern. Geschichtenschmugglern. Und von der Nordsee. Und von Klara Fall…Ich melde mich an.

Eine ganze Weile später, es geht mittlerweile auf den Sommer zu, landet ein großer Brief bei mir zu Hause auf dem Küchentisch. Darin befindet sich eine Flaschenpost. Sie ist von Klara. So macht man das wohl unter Schmugglern. Und ein kleines Buch ist enthalten mit der Geschichte vom kleinen Monster, das nicht schlafen kann. Außerdem eine Liste mit Kontaktdaten meiner Mitanwärter auf die Schmugglerposten. Es scheinen viele das Schmuggeln lernen zu wollen. Und Klara hat mit Ihrem Zeitungsinserat zehn erreicht. Wahrscheinlich lesen die anderen auch gerade ihre Flaschenpost. Direkt am nächsten Abend nehme ich Kontakt mit ihnen auf. Wir werden zu fünft in einem Auto Klara suchen fahren.

Am Morgen des 16. August 2008 finden sich planmäßig drei Personen mit grauem Halstuch bekleidet hinter dem ICE Bahnhof in Siegburg ein. Eine vierte Person, in vergleichbarer Aufmachung findet unser Trupp vor dem Bahnhof. Die fünfte Person wird tragischer Weise erst noch geweckt, eingesammelt und dann geht’s zwar etwas später als geplant, aber dennoch rechtzeitig los gen Norden.

In Rekordzeit erreichen wir Bensersiel, wo wir auf weitere Komplizen und Klara treffen sollen. Zunächst leicht verunsichert durch die Teilnehmer eines örtlichen Fantasy-Festivals finden wir dann doch am Rand des Parkplatzes am Deich einen älter wirkenden Herrn im Schaukelstuhl, eine wild durch die Gegend springende Kreatur mit schwarzem Umhang und Laterne in der Hand sowie einen Mann mit braunem Mantel und schließlich Klara. Klara hat rote Haare und Gummistiefel an.

Das sind nun also Klara und ihre Schmugglerbande. Was sie schmuggeln? Sie erzählen uns von einem furchtbaren Machthaber: Herr Scher. Dieser Herr Scher verbietet seinen Untertanen das Lesen, Erzählen und Erfinden von Geschichten. Kontrolliert wird dieses Verbot von seiner rechten Hand Mario Nette und dessen Helferin Barbie Puppe. Das Volk befindet sich also ständig unter Kontrolle und wir sollen nun von Klara lernen, Geschichten zu schmuggeln und dem Volk damit zu helfen.

Mit 3 Fotos ausgestattet suchen wir in Bensersiel nach spannenden Geschichten. Anschließend suchen wir unsere Unterkunft: Hof Apfelherz. Hier werden wir von einem netten Team in der Schmugglerbehausung begrüßt: Polly, Simone, David und Markus. Die haben das Haus wunderbar eingerichtet und erwarten uns zusammen mit der Küche und der anderen Küche mit Kaffee und Keksen. Und dann legt das Team auch schon los: Mit großer Kreativität und hoher Geschwindigkeit werden Spiele gespielt und Kennenlernmethoden durchgeführt. Ich bin überwältigt, wie viel „mein schönster Tag der letzten Woche“ und das „Fenster in mein Leben“ der Gruppe offenbart, wer das hier eigentlich ist.

Reflexion. Reflexion ist gut und wichtig. Das finden auch die Schlümpfe auf der Insel der Gefühle. Dort werden sie jeden Abend als Stellvertreter der Teilnehmer in die emotionale Region des jeweiligen Teilnehmers gestellt. Nach und nach geben die Teamer uns Informationen und Methoden an die Hand, was wir mit Hilfe der Methoden besser bewerkstelligen können.

An einem Abend sind wir noch einmal zum Strand gefahren. Das Meer ist nicht da. Da sitzt wieder der alte Mann im Schaukelstuhl am Deich…..Klara sagt uns, dass das genau das Wetter sei, bei dem Geschichten an Land gespült werden. Auf einmal höre ich von der Treppe Geräusche. Da klappert etwas. Verunsichert, was jetzt kommt drehe ich mich um. Da steht er. Menschengroß. Mit einem Holzgestell über dem Kopf, kommt ein sich mechanisch bewegendes Wesen klappernd auf uns zu. Das kann kein Mensch sein. Dann dämmert es mir. Das muss Mario sein. Mario Nette. Die rechte Hand Herr Schers. Ich fühle mich ertappt. Mario läuft um uns herum. Wir stehen ein wenig verdattert da. „Was macht ihr da? Sucht ihr etwa Geschichten?“ sagt die fiese Krächtsstimme. „Herr Scher hat gesagt, man darf keine Geschichten suchen.“ Da sehe ich eine Flasche im Watt aufblitzen. Ich schleiche mich hin. Mario schaut gerade in die andere Richtung. Ich stecke sie unter meine Jacke und rufe die anderen beim Geschichtenerzähler zusammen. Mario geht gerade wieder weg. Der Geschichtenerzähler im Schaukelstuhl fängt an zu lesen. Wir hören gespannt zu. Ein schöner Abend am Meer klingt aus.

Und dann geht’s irgendwie auch los. Die heiße Phase des Woodbadgekurses war ja angekündigt und erwartet, aber darauf vorbereitet waren wir nicht. Die Teamer sagen nichts mehr. Die Teilnehmer auch nicht. Also erstmal Ruhe. Schweigen. Dann die verlegene Frage an die Teamer: „Was ist jetzt los?“ Keine Reaktion. Gut. Fangen wir einfach an. Nur wie? Ach ja: Methoden. Also erstmal Ideenfindung: Kleingruppen. Zusammentragen: Unterschiedliche Ansätze. Welcher passt auf die Bedürfnisse jedes einzelnen? Kann ich damit alle begeistern? Weiteres Ausschließen: Die Klebepunktmethode. Ich werde sie, glaub ich, nie wieder in meinem Leben anwenden. Sie ist in diesem Fall so gescheitert.

Aber dann setzt sich ein Sinn durch. Wir wollen etwas Sinnvolles tun. Kurze Zeit später haben wir uns auf den Leitsatz: „Verlasse die Welt ein bisschen besser, als du sie vorgefunden hast.“ geeinigt. Und was machen wir damit? Freude ist gut. Also verbessert derjenige, der Freude verbreitet die Welt. Erst recht, wenn man Kinder zum Lachen bringt. Und die Erwachsenen sollen aufgefordert werden, auch die Welt besser zu hinterlassen. Nur wie? Die Teamer hatten uns Tage vorher am Strand die Aufgabe gegeben, aufzuschreiben, was wir persönlich schon immer machen wollten, dazu aber diese Gruppe brauchen, um es umzusetzen. Wir kramen diese Zettel heraus und blättern sie durch. Kinder haben Spaß beim Spielen. Das Bällebad ist mehr als einmal gefallen. Wir wollen ein Bällebad bauen. Pfadfinderisch in einer Jurte, damit jeder erkennt, wer wir sind. Um die Erwachsenen zum Denken anzuregen, wollen wir Geschichten und Metaphern benutzen. Diese brauchen einen Raum. Bei der Ideenfindungsrunde vom Strand hatten ebenfalls Mehrere den Traum geäussert, einen Bauwagen zu bemalen. Ein Bauwagen wäre der Raum für die Geschichten. Also organisieren wir einen und bemalen ihn. Und ein Andenken muss gebastelt werden. Wir überlegen, einen Textstreifen mit unserem Motto als Textperle zusammengrollt in eine Muschel zu kleben und diese dann zu verteilen.

Feuerwerk und Sekt sind nach gut eineinhalb Tagen Diskussion ein angemessener Ausdruck der Erleichterung, zu einem Ergebnis gekommen zu sein.

Nun beginnt die Umsetzung. Viele Fragen müssen in Kleingruppen geklärt werden:
– Woher der Bauwagen?
– Woher die Jurte?
– Woher die Bälle?
– Woher die Farbe?
– Wie sieht der Wagen innen aus?
– Wie außen?
– Wie wird der Wagen transportiert?
– Wo dürfen wir uns aufstellen?
– Wie schaffen wir es, dass die Presse kommt?

Alle Punkte werden nach und nach abgearbeitet. Wir dürfen vor den Haupteingang zum Badestrand in Bensersiel. Unser Vermieter stellt uns seinen Bauwagen zu Verfügung. Der Bauer von nebenan fährt uns den Wagen nach Bensersiel. Die Geschäftsleute Spenden fleißig. Vor allem Farbe und Bälle. Alle Pfadfinder des Nordens werden ausfindig gemacht. Der BdP Stamm Aurich leiht uns eine Jurte. Die Presse kündigt sich an.
Donnerstagabend brechen wir dann chaotisch mit bemaltem Bauwagen und zwei randvollen Autos auf. Vor Ort am Strandeingang stellen wir den Bauwagen auf. Die Jurte wird direkt daneben aufgebaut. Abends sitzen wir zusammen. Reflexionsrunde: Was stimmt nicht? Im Chaos des Aufbruchs wurden einige übergangen. Die Kommunikation muss verbessert werden. Wir essen und trinken. Mitten in der Nacht wir die Lilie noch fertig auf den Bauwagen gemalt. Die Nachtwache bleibt.

Es wird kalt. Ich habe alle Klamotten an, die ich mit habe. Alle Vorbereitungen sind getroffen. Der Tag kann kommen. Ich werde etwas schlafen.

Früh am Morgen stehen wir wieder am Zelt. Biertische werden fürs Frühstück aufgebaut. Der Trupp aus dem Haus kommt mit Frühstück. Es gibt Brot und Kaffee. Dann wird das Bällebad eingelassen und das Banner aufgehängt. Die Jurte halb aufgeknöpft und es kann losgehen.

Ich bin mit Muscheln in der Hand auf dem Gehweg und lade alle Menschen, die an mir vorbeikommen ein, sich unser Projekt anzuschauen. Die Kinder können ins Bällebad. Die Erwachsenen bekommen eine Muschel und sind eingeladen in den Bauwagen zu gehen. Ich führe verschiedene Gespräche mit Passanten. Das ist schon interessant, wie die ihre Welt verbessern. Viele Kinder haben einen Riesenspaß im Bällebad. Viele kommen auf dem Rückweg vom Strand wieder.

Dann kommen auch die Teamer. Auch sie werden so behandelt, wie die anderen Passanten auch. Sie werden in den Bauwagen geführt. Hören sich die Geschichten an. Und dann ab in Bällebad! Nachmittags geht das Programm der Teamer weiter. Also ist mittags Schluss mit unserer Aktion. Ich bin glücklich und zufrieden. Die anderen Teilnehmer auch. Wir pflanzen uns zur Feier des gelungenen Ablaufs ins Bällchenbad uns lassen uns Sekt und Pizza schmecken.

Nun beginnt auch schon der Abbau. In Windeseile werden Jurte und Bällebad abgebaut und alles in die Autos verstaut. Es geht Richtung Haus. Jurte aufhängen, Sachen wegräumen. Duschen gehen. Abends fährt der Bauer uns den Bauwagen wieder zum Haus. Samstagmittag kriegen die Auricher BdPler ihre Jurte wieder. Es hat geklappt. Nun wird zurückgeschaut. Reflexion. Reflexion. Reflexion. Das Programm startet pünktlich. Ich fühle mich ein wenig vorgeführt, als die Mitschrift unserer Diskussion auf die Wand projiziert wird. Aber recht haben sie ja: Ein „zustimmendes Gemurmel“ ist kein „Ja“. Und die Kritik jedes einzelnen will gehört werden. Ich lerne viel aus meinem aufgezeigten Verhalten.

In der verbleibenden Zeit des WBK’s wird über das auf den Kurs folgende Vorhaben jedes einzelnen gesprochen. Und es werden persönliche Briefe an jeden einzelnen geschrieben und in seinen Briefkasten geworfen. Und das große Kurs Abschlussfest wird gefeiert. Unter der 500W Sonne des Südens. Eine Beach Party mit live Unterhaltungsprogramm wird bis spät in die Nacht gefeiert.

Und dann wird aufgeräumt. Beeindruckend, dass die Teamer wirklich das Alles aus der Heimat angeschleppt haben. Es ist mir ein Rätsel, wie das Alles ins Auto passt. Aber irgendwie ist es ja auch hier hingekommen.

Und anschließend verkünden wir unser Vorhaben feierlich auf dem Deich. Dort unterschreiben auch jeweils zwei Paten für jeden WBKler. Und so geht eine wunderschöne, kurz empfundene lehrreiche Woche an der Nordsee zu Ende und wir machen uns allesamt auf den Heimweg.

Die Woche war toll. Die Teamer waren toll. So wunderbar verrückt! Es hat Spaß gemacht.

Tom F.

Dazu auch zwei Zeitungsartikel aus dem „Anzeiger für Harlingerland“:

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